|
||||||||||||
ViLeS 2 > Hypothesentests > Allgemeine Aspekte des Testmodells > Konzepte und Definitionen |
Konzepte und Definitionen im Modul Allgemeine Aspekte des TestmodellsVorbemerkungMit den Hypothesentests behandeln wir eine Variante des
statistischen Schließens von der Stichprobe auf die
Grundgesamtheit. Dabei werden zunächst Hypothesen über die
Parameter einer Grundgesamtheit formuliert, um dann zu überprüfen,
inwieweit diese postulierten Eigenschaften der Grundgesamtheit durch
die Stichprobendaten bestätigt werden können.
Da die Wahrscheinlichkeiten der Abweichungen der Stichprobenstatistiken von den entsprechenden Werten der Grundgesamtheit (also z.B. des arithmetischen Mittels der Stichprobe X̄ vom arithmetischen Mittel des Grundgesamtheit &my;) von der Gestalt der entsprechenden Stichprobenverteilung abhängt, stellt diese die funktionale Basis aller Hypothesentests dar. In den folgenden Modulen werden, nach einer ausführlichen Behandlung des allgemeinen Testmodells, Hypothesentests zum arithmetischen Mitteln, zum Anteilswert und zur Varianz/Standardabweichung der Grundgesamtheit sowie die Chi-Quadrat-Tests zur Prüfung von Zusammenhängen im Rahmen der Kontingenzanalyse (vgl. das entsprechende Kapitel aus ViLeS 1) oder zum Vergleich einer empirischen Verteilung mit einer theoretischen vorgestellt und angewandt. Wie ausgeführt, stellt eine Stichprobenverteilung die Grundlage eines Hypothesentests dar. Allerdings beruht die Verteilung nicht auf den tatsächlichen Parametern der Grundgesamtheit sondern auf angenommenen. Der Test basiert also auf einer hypothetischen Stichprobenverteilung.
1. Punkt- und BereichshypothesenBeim Hypothesentest werden zwei Arten von Hypothesen unterschieden: Die Punkt- und die Bereichshypothese. a) Die PunkthypotheseWird eine Hypothese (H) als Punkthypothese formuliert, überprüft
der Test die Glaubwürdigkeit genau eines Wertes, nämlich
des festgelegten. Die Hypothese "Das durchschnittliche
Bruttoeinkommen in dem Ort A beträgt 3800 EUR pro Haushalt"
kann nur dann angenommen werden, wenn der gefundene Mittelwert aus der
Stichprobe sich nicht signifikant von 3800 unterscheidet. Stellen wir uns vor, dass die Untersuchung von einer Drogeriekette durchgeführt wird, die prüfen möchte, ob die potentiellen Kunden für eine Geschäftsansiedlung ausreichend betucht sind. In diesem Falle wäre die Geschäftsleitung sicherlich auch zu einem Bau bereit, wenn das mittlere Bruttoeinkommen über den geforderten 3800 EUR liegt. Dieses Beispiel zeigt, dass Punkthypothesen gerade in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften oft nicht so geeignet sind wie Bereichshypothesen. b) Die BereichshypothesenEine Bereichshypothese umfasst deshalb
nicht nur einen bestimmten Wert, sondern einen Bereich einschließlich
eines Wertes bis ± ∞ , deshalb müssen wir zwei Arten von Bereichshypothesen unterscheiden: Oft bietet es sich bei Bereichshypothesen an, nicht die vordergründig erwünschte Hypothese auf Annahme (hier am Beispiele der Drogeriekette: H0: μ ≥ 3800 EUR), sondern die unerwünschte Hypothese (hier: H0: μ ≤ 3800 EUR) auf Ablehnung zu testen. I.A. wird die letztlich getestete Hypothese als H0 und die Alternativhypothese als H1 bezeichnet. 2. Ablehnungs- und AnnahmebereicheEine Hypothese H0 kann nach einem Test entweder
angenommen oder abgelehnt werden. Die Frage, wann eine Hypothese
abgelehnt und wann angenommen wird, hängt davon ab, wie weit der
hypothetische Wert der Grundgesamtheit und der ermittelte Wert der
Stichprobe auseinanderklaffen dürfen, ohne dass von einem
signifikanten Unterschied gesprochen werden muss.
a) Ablehnungs- und Annahmebereich bei Punkthypothesen
b) Ablehnungs- und Annahmebereiche bei Bereichshypothesen
In allen drei Fällen ist die Wahrscheinlichkeit α0, die Hypothese abzulehnen, (d.h. die Größe der schraffierten Randfläche/n) gleich groß. Im Falle des beidseitigen Tests wird sie nur auf einen rechten und einen linken Randbereich aufgeteilt. 3. Das Signifikanzniveau Bevor ein Test
durchgeführt wird, muss ein entsprechendes Signifikanzniveau
gewählt werden, das mit α0
gekennzeichnet wird. Es bestimmt die Größe des Bereichs, in dem die H0
abgelehnt wird, d.h die Größe der schraffierten Fläche in den Abb. IV-1 - IV-3. Bei einseitigen Tests liegt der Ablehnungsbereich mit der Größe α0 entweder auf der linken oder der rechten Seite der Verteilung. Bei einem beidseitigen Test teilt sich die Größe α0 in zwei gleich große Bereiche α0/2 auf. Das konkrete Signifikanzniveau α0
muss vor jedem Test individuell gewählt werden. In den
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften liegen typische Werte bei 0,1; 0,05 oder 0,01, d.h. bei 10%,
5% oder 1%. Diese Größe bestimmt sowohl wie groß der
Ablehnungsbereich als auch wie groß der Annahmebereich der
Hypothese (1 - α0) ist.
Das Wählen des Signifikanzniveaus ist immer eine
"Gradwanderung". Je größer der Wert, desto
größer der Ablehnungsbereich, desto größer die
Chance, die H0 zugunsten der H1 zu verwerfen.
Jedoch sinkt damit gleichzeitig die sog. Signifikanz des Ergebnis.
4. Der Alpha- und der Beta-Fehlera) Der α-FehlerFällt das Stichprobenergebnis in den Ablehnungsbereich, heißt das noch nicht notwendigerweise, dass die abgelehnte Hypothese falsch ist. Da mit der Wahrscheinlichkeit von α0 ein Stichprobenwert auch bei richtiger Hypothese in den Ablehnungsbereich fällt, begehen wir in diesem Fall den Fehler, die richtige Hypothese abzulehnen. Dieser Fehler wird deshalb α-Fehler genannt. b) Der β-FehlerFällt das Stichprobenergebnis andererseits in den Annahmebereich, muss das noch nicht bedeuten, dass der hypothetische Wert der Grundgesamtheit der "Realität" entspricht. Es kann durchaus passieren, dass man sich dann für eine "falsche" Hypothese entscheidet. Diese Tatsache bezeichnet man als β-Fehler. c) Die FehlertabelleWir unterscheiden somit zwei Fehlerarten: α- und β- Fehler. Dieser Sachverhalt ist nochmals in der folgenden Tabelle dargestellt: Tab. IV-1 Fehlertabelle beim Hypothesentest
d. Die Korrespondenz von α- und β-Fehlerα- und β-Fehler korrespondieren: Je kleiner der α- desto größer der β-Fehler. Dies ist die Folge einer mit der Minimierung des α-Fehlers einher gehenden Vergrößerung des Annahmebereichs. Weil damit natürlich die Wahrscheinlichkeit zu nimmt, eine falsche Hypothese anzunehmen. Der β-Fehler kann nur bestimmt werden, wenn der tatsächliche Wert des zu testenden Parameters bekannt ist. Für alternative "Realitäten" lässt er sich abschätzen (zu dem Modalitäten vgl. die Lehrbuchliteratur, z.B. Litz 2003, S. 354 ff).
5. Lokalisierung der GrenzwerteSind die Hypothesen aufgestellt und das Signifikanzniveau gewählt, muss noch bestimmt werden, wo die Grenzwerte des Annahme- bzw. Ablehnungsbereiches (auch kritische Werte oder Rückweisungspunkte) exakt liegt. Die Lokalisierung der kritischen Grenze kann auf drei, bezüglich des Testergebnisses identische Arten erfolgen.
a) Variante 1: Vergleich der Z-Werte (Z ⇔ Z α/2 )Am einfachsten vergleicht man den/die - aus der Tabelle bei
gegebenem α0 nachgeschlagenen
- kritischen Wert(e) Z α bzw. Z α/2 (d.h. den entsprechenden Werte in
dieser Übersicht)
mit
dem Wert der Z-Transformation (wenn σ nicht bekannt ist, was die Regel ist, wird es durch ŝ
geschätzt, vgl. die nächsten Module): Für eine Hypothese H0: μ ≤ μ0 zeigt die nachfolgende Graphik bei einem Signifikanzniveau von α = 0,05 den Annahme- und Ablehnungsbereich der Hypothese: Abb. IV-4 rechtsseitiger Test bei α = 0,05
Der Ablehnungsbereich (hier für einen rechtsseitigen Test) ist dabei schraffiert. Wenn der aus der Z-Transformation bestimmte Z-Wert in diesen Bereich fällt, d.h. wenn Z > Z α wird die Hypothese abgelehnt. b) Variante 2: Vergleich der X̄-Werte (X̄ ⇔ X̄ r u,o )Im zweiten (analogen) Fall kann die Z-Formel nach dem kritischen X̄-Wert
aufgelöst werden, so dass man folgenden Bereichsgrenzen erhält:
Die kritischen Werte sind graphisch in den Abbildung IV-1 - IV-3 dargestellt. c) Variante 3: Vergleich der α-Werte (α ⇔ α0 )Im dritten (ebenfalls analogen) Fall wird der, dem Z-Wert aus der Transformationsformel zuzuordnende α-Wert mit dem gewählten Signifikanzniveau α0 verglichen. Ein Wert von α, der im beidseitigen Test kleiner als α0/2, im links- und rechtsseitigen Test kleiner als α0 ist, führt dann ebenfalls zur Ablehnung der Hypothese. Diese Vorgehensweise findet sich z.B. bei Hypothesentests im Rahmen von SPSS. 6. Festlegung des StichprobenumfangsAus den Formeln in 5.b ergibt sich die Erkenntnis, dass die Breite des Annahmebereichs wesentlich vom Stichprobenumfang n mit bestimmt wird. Damit hat es die testende Institution selbst in der Hand, durch Vergrößerung des Stichprobenumfangs die Gefahr zu vermindern, eine falsche Hypothese anzunehmen, d. h. einen β-Fehler zu begehen.
|
letzte Änderung am 5.4.2019 um 4:24 Uhr.
Adresse dieser Seite (evtl. in mehrere Zeilen zerteilt)
http://viles.uni-oldenburg.de/navtest/viles2/kapitel03_Hypothesentests_old-2013_1106/modul01_Allgemeine~~lAspekte~~ldes~~lTestmodells/ebene01_Konzepte~~lund~~lD
efinitionen/03__01__01__01.php3
| Feedback | Copyright | Übersicht | Druckversion | Log-Out | Sitemap | Nächster Arbeitsschritt | |