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ViLeS 2 > Kap. II Theoretische Verteilungen > II-2 Die Normalverteilung > Konzepte und Definitionen

Konzepte und Definitionen im Modul II-2 Die Normalverteilung

1. Vorbemerkung

Die Normalverteilung stellt die wichtigste theoretische Verteilung in der induktiven Statistik dar. Sie wurde von C.F.Gauß zur formelhaften Beschreibung von Körpermaßen preussischer Rekruten entwickelt.
Empirisch ergibt sich eine Normalverteilung in der Regel dann, wenn eine Zufallsvariable mit sehr vielen Merkmalsausprägungen von sehr vielen Zufallsfaktoren abhängt.

Die Form der Normalverteilung hängt lediglich von zwei Parametern ab, nämlich der Standardabweichungund dem Mittelwert. Dies ist für die praktische Arbeit natürlich besonders vorteilhaft.

2. Die Standardnormalverteilung und ihre Eigenschaften

Eine Normalverteilung mit der Standardabweichung σ = 1 und dem Mittelwert μ = 0 bezeichnet man als Standardnormalverteilung. Zur Unterscheidung von Normalverteilungen mit beliebigen Parameterwerten wird die Standardnormalvariable mit dem Symbol Z charakterisiert.

Die Kurzbezeichnung für die Standardnormalverteilung bezieht sich auf die Werte ihrer Parameter und lautet N (0,1).

a) Die Dichtefunktion der Standardnormalverteilung

  • Die Formel für die Dichtefunktion lautet:

  • Die graphische Darstellung der Dichtefunktion ergibt die sog. Glockenkurve :

    Abbildung II-3: Dichtefunktion der Standardnormalverteilung


  • Die Funktionsmerkmale

    • Die Funktion ist symmetrisch,

    • sie erstreckt sich über den Bereich 0 ± ∞,

    • sie hat ihr Maximum bei z = 0, d.h. bei μ,

    • sie besitzt Wendepunkte bei z = ± 1, d.h. bei ± σ ,

    • da es sich um eine Dichtefunktion handelt, hat die Fläche unter der Funktion den Wert 1,

    • es gilt P( z < 0 = μ) = 0,5.

  • Die Berechnung der Werte der Dichtefunktion

    Da die Berechnung einzelner Dichtewerte sehr aufwendig ist, werden für die manuelle Arbeit, wie schon im Falle der Binomialverteilung, tabellierte Werte herangezogen. Allerdings sind für die Durchführung der Hypothesentests und der Konfidenzschätzungen die Werte der Verteilungsfunktion maßgeblich.

    Tabelle II-2: Tabelle der Dichtefunktion der Standardnormalverteilung


    Quelle: Litz: Statistische Methoden in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 3. Auflage, München 2001, S.384 f.

    b) Die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung

    Von größerer praktischer Bedeutung als die Dichtefunktion ist jedoch die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung, die die Wahrscheinlichkeit angibt, dass die Z - Werte Z ≤ z 0 annehmen:

    • Die Formel für die Verteilungsfunktion lautet:

    • Die graphische Darstellung der Verteilungsfunktion ergibt die folgendes Bild:

      Abbildung II-4: Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung

    • Zur Charakterisierung der Funktion lässt sich festhalten:

      • Die Funktion besitzt bei z = 0, d.h. bei μ einen Wendepunkt,

      • Die Funktion nähert sich bei z > 3 asymptotisch dem Wert 1.

    c) Die Tabellierung der Verteilungsfunktion

    Bei der Arbeit mit der Tabelle ist zu beachten, dass häufig (wie auch im Folgenden) aus praktischen Gründen statt F(z 0) der Wert von 1 - F(z 0) tabelliert wird, also die Wahrscheinlichkeit, dass Z einen Wert Z ≥ z 0 annimmt.

    Wegen der Symmetrie der Normalverteilung gilt zudem P(Z ≥ +z 0) = P(Z ≤ -z 0).

    Tab. II-3 präsentiert auszugsweise die Randwahrscheinlichkeiten für 0 ≤ z 0 ≤ 1,59:

    Tabelle II-3: Wahrscheinlichkeiten der Standardnormalverteilung P(Z ≥ +z 0) (für 0 ≤ z 0 ≤ 1,59)


    In der Tabelle sind in der Vorspalte die ersten beiden Ziffern des z0 -Wertes, in der Überschriftenzeile die 3. Ziffer (2. Nachkommastelle) notiert. Im Tabellenkörper findet sich der Wert für P(Z ≥ +z 0). So beträgt z. B. die Wahrscheinlichkeit für Z ≥ 1.33 etwa 0.092.

    Eine ausführliche Tabelle der Wahrscheinlichkeiten F(Z ≥ 1.5) = α finden Sie hier.

    d) Die Ermittlung der Randwahrscheinlichkeiten

    Für die Operationen der schließenden Statistik, die Hypothesentests und Konfidenzschätzungen, sind die Randwahrscheinlichkeiten der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung von zentraler praktischen Bedeutung.
    In der folgenden Graphik der Dichtefunktion sind für einen z-Wert von 1.5 die Wahrscheinlichkeiten F(Z ≤ 1.5) = 1 - α = 0.933193 und die tabellierte Wahrscheinlichkeit F(Z ≥ 1.5) = α = 0.066807 (vgl. Tab. II-2. letzte Zeile erste Spalte) dargestellt.

    Abbildung II-5: Randwahrscheinlichkeiten


    Im Internet finden sich eine Reihe von applets, mit denen man beliebige Normalverteilungen graphisch darstellen und beliebige Wahrscheinlichkeiten der Normalverteilung berechnen kann.

    3. Die Normalverteilung und ihre Eigenschaften

    In der Regel arbeiten wir mit Normalverteilungen, die ein beliebiges μ und σ aufweisen.

    Die Kurzbezeichnung für die Normalverteilung bezieht sich auf die Werte ihrer Parameter und lautet N (μ,σ).

    a) Die Dichtefunktion der Normalverteilung

    • Für diese generelle Form der Dichtefunktion gilt die Formel:

    • Ihre graphische Darstellung ist in Abb. II-6 wiedergegeben:

      Abbildung II-6: Dichtefunktion einer Normalverteilung mit μ 400 und σ = 100

    • Die Charakterisierung der Funktion ergibt analog zu der der Standardnormalverteilung

      • Die Funktion ist symmetrisch,

      • sie erstreckt sich über den Bereich μ ± ∞,

      • sie hat ihr Maximum bei x = μ,

      • sie besitzt Wendepunkte bei μ ± σ ,

      • da es sich um eine Dichtefunktion handelt, hat die Fläche unter der Funktion den Wert 1,

      • es gilt P(x < μ) = 0,5.

    b) Die σ-Intervalle

    Aus der Form der Normalverteilung ergibt sich eine weitere wichtige Eigenschaft:

    Unabhängig von Mittelwert und Standardabweichung ist immer ein bestimmter Teil der Gesamtfläche in symmetrischen Intervallen +/- einem Vielfachen der Standardabweichung um den Mittelwert zu finden.

    • Das Intervall μ ± 1 · σ enthält etwa 68% der Gesamtfläche,

    • das Intervall μ ± 2 · σ enthält etwa 95% und

    • das Intervall μ ± 3 · σ enthält etwa 99% der Gesamtfläche (vgl. Abb. II-7)

    Abbildung II-7: k · σ- Bereiche unter der Normalverteilung (k=1,2,3)1

    Dieser Zusammenhang zwischen Fläche und Standardabweichung kann zur Transformation beliebiger Normalverteilungen in die Standardnormalverteilung genutzt werden.

c) Die Standardisierung beliebiger Normalverteilungen

  • Sinn und Zweck der Standardisierung

    Das Verfahren, beliebige Normalverteilungen zu standardisieren, d.h. in eine Standardnormalverteilung zu transformieren, umgeht auf einfache Art und Weise eine manuelle Berechnung der Verteilungsfunktionen beliebiger Normalverteilungen. Da die Verteilungs- und Dichtefunktion der Standardnormalverteilung tabelliert vorliegt, kann auf sie zurückgegriffen werden.

  • Bei dieser sog. Z-Transformation werden die Abweichungen eines beliebigen normalverteilten Variablenwertes von seinem Erwartungswert μ in einem Vielfachen der Standardabweichung σ ausgedrückt:

  • Bestimmung der Randwahrscheinlichkeiten

    Es gilt dabei für gegebene x0:

    Der Vorteil der Z-Transformation liegt auf der Hand: Soll die Fläche eines Segmentes unter einer beliebigen Normalverteilung ermittelt werden, so müssen nur die Grenzen a und b dieses Intervalls in z-Werte transformiert werden.
    Anschließend kann die Wahrscheinlichkeit P( a ≥ X ≥ b) als P( za ≥ Z ≥ zb ) aus den tabellierten Werten der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung ermittelt werden.

  • Übersicht II-1: Aspekte der Z-Transformation

  • Zur Praxis der Z-Transformation

    Welche Fragestellungen können nun mit Hilfe einer Z-Transformation bearbeitet werden? Dazu gibt es zwei Varianten, die am Beispiel von IQ-Tests erläuter werden sollen.
    IQ-Tests sind i.d.R. auf einen Mittelwert von 100 und eine Standadabweichung von 15 kalibriert, ihre Ergebnisse sind in etwa normalverteilt.
    Zwei Fragestellungen liegen auf der Hand:

    1. Wie wahrscheinlich ist ein IQ von mindestens, sagen wir 130? oder umgekehrt:

    2. Wie hoch ist der IQ der 10% intelligentesten Mitbürger?

    Zur Bearbeitung dieser Fragestellungen benötigen wir die Informationen aus der hier abzurufenden Tabelle.

    • Die Wahrscheinlichkeit eines IQ ≥ 130

      Gesucht ist hier: P(X ≥ 130)? Dieses erste, in den Grundzügen bereits thematisiertes Problem, erfordert die Umrechnung von x0 = 130 in z0 über . Wir erhalten hier konkret: z0 = (130 - 100)/ 15 = 2.

      In der verlinkten Tabelle finden wir für z0 ≥ 2,00 über den Wert 2,0 in der Vorspalte und den Wert 0 in der 1. Zeile im Tabellenfeld eine Wahrscheinlichkeit von 0,02275, also etwa von 2,3 %.

    • Der Mindest-IQ der 10% intelligentesten Personen

      Die Bearbeitung der zweiten Fragestellung basiert ebenfalls auf der Z-Transformation

      erfordert aber die Auflösung der Formel nach x0 .

      Daraus resultiert die wichtige Beziehung:

      Für diese Formel müssen wir (u.U. nach Interpolation) den Wert für z0 ermitteln, der der Wahrscheinlichkeit von 0,10 entspricht. In der Tabelle kann eine Wahrscheinlichkeit von 0,10023 als hinreichend genaue Annäherung an die vorgegegben %-Zahl genommen werden, sodass wir das zugeordneten z0 = 1,28 in die Formel einsetzen können.
      Wir erhalten so: x0 = 100 + 15 · 1,28 = 119,2. D.H. also, dass die 10% intelligentesten Personen mindestens einen IQ von 119,2 aufweisen müssen.


    1Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Standardabweichung


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