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ViLeS 0 > Methodologische Grundlagen der empirischen Forschung > Dimensionierung und Operationalisierung des Forschungsprogramms > Konzepte und Definitionen

Konzepte und Definitionen im Modul Dimensionierung und Operationalisierung des Forschungsprogramms

Zu Beginn des Forschungsprozesses sind Ausmaß und Struktur der benötigten Informationen meist eher unscharf und bedürfen einer genaueren Eingrenzung. Recherchen nach anderweitig verfügbaren Informationen und Überlegungen zur Dimensionierung des Problems sind nicht nur notwendig, um die relevanten Informationen zu erhalten, sondern ebenso um die Kosten niedrig zu halten und die Untersuchungsobjekte nicht über Gebühr zu belasten.

Aus methodologischen Gründen ist die theoretische Fundierung der empirischen Arbeit unumgänglich. Sie besteht in der Sichtung der bisher zum Thema oder zu vergleichbaren Fragestellungen vorliegenden empirischen Daten und in der Rezeption der Fachliteratur hinsichtlich der theoretischen Dimensionen, begrifflichen Strukturierungen und kausalanalytischen bzw. funktionalen Zusammenhängen. Daraus sind die den Gegenstandsbereich kennzeichnenden theoretischen Konstrukte, Definitionen und Interdependenzen als Arbeitshypothesen abzuleiten.

Die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur ergibt i. A. auch schon genauere Hinweise auf die relevanten Untersuchungsobjekte und mögliche Untersuchungsverfahren. Die i. A. komplexen und abstrakten Begriffe der Theorie sind auf der konkreten Ebene nicht unmittelbar messbar. Im Operationalsierungsprozess werden sie in den Begriffen der Beobachtungssprache reformuliert, d.h. so formuliert, dass das was sie bezeichnen, direkt beobachtet oder erfragt werden kann. Meist kann ein theoretischer Begriff nicht durch ein einziges Item (durch ein einziges beobachtbares Merkmal) operationalisiert werden. In diesem Fall erfolgt die Messung durch ein ganzes Bündel theoretisch stichhaltiger, messbarer Indikatoren. Die Qualität der Operationalisierung ist Voraussetzung für die Gültigkeit eines Messinstrumentes. Unter der Gültigkeit (Validität) von Ergebnissen versteht man das Ausmaß, in dem diese tatsächlich das beinhalten, was erfasst werden soll. Validität meint somit den Aspekt der Umsetzung der theoretischen Vorgaben in ein Messkonzept aber auch die Rückspiegelung der Messergebnisse auf diese Vorgaben.
In diesem Modul sollen die konzeptionellen Aspekte dieser theoretischen und methodischen Strukturierung des Untersuchungsprogramms behandelt werden. Dabei geht es um die gedanklichen Vorleistungen, den Gegenstand der Untersuchung so zu durchleuchten, so in seine vielfältigen Facetten zu zerlegen und zu ordnen, dass daraus ein problemangemessenes Untersuchungsdesign entwickelt und begründet werden kann. Dieses beinhaltet:
  • eine theoretisch fundierte Entwicklung der problemorientierten Fragestellung,

  • die Festlegung sachgerechter Merkmalsdimensionen,

  • eine entsprechende Auswahl der relevanten Untersuchungsobjekte und

  • die Bestimmung des adäquaten Erhebungsverfahrens.

Dieses Ziel wird durch die folgenden analytischen Schritte erreicht, durch die:
  • Dimensionale Analyse,
  • Semantische Analyse und
  • Operationalisierung.
vgl. Kromrey, Helmut: Empirische Sozialforschung - Modelle und Methoden der Datenerhebung, Fernuniversität -Gesamthochschule in Hagen, 2001, Hagen, S. 109 ff.
A) Die dimensionale Analyse
Ziel der dimensionalen Analyse ist es, die Aspekte oder Dimensionen des Objekts- bzw. Gegenstandsbereichs heraus zu filtern, die für die aktuelle Fragestellung besonders bedeutsam erscheinen. Die dimensionale Analyse ist also eine auf die Beschreibung eines empirischen Sachverhalts bezogene, zunächst durchaus grob abgesteckte Aufgabenstellung mit folgenden Teilaspekten:
  • Präzisierung der Fragestellung,
  • gedanklich und begriffliche Strukturierung des Objektbereichs und
  • Entwicklung eines Forschungsdesigns.
Wie erreicht man diese Ziel? Durch:
  1. Ideen- und Materialsammlung

  • in der wissenschaftlichen Literatur,

  • in Feldstudien

  • in Expertengesprächen

  1. Systematisierung der gesammelten Aspekte durch:

  • Schaffung einer theoretischer Ordnung,

  • zeitliche Ordnung der Aufgaben in Form eines Ablaufschemas und

  • formale Ordnung wessen und wonach ???????

  1. Auswahl der untersuchungsrelevanten Aspekte

  2. Entwicklung eines deskriptiven Begriffsschemas und der forschungsleitenden Hypothesen.

B) Die semantische Analyse
Die semantische Analyse beschäftigt sich mit sogenannten sprachlichen Zeichen (= Begriffen) und ihrer Bedeutung, also mit Aussagen über einen gemeinten Sachverhalt. Ziel ist die Rekonstruktion der Bedeutung(en) der verwendeten Begriffe im sprachlichen Kontext.
Wie erreiche ich das Ziel? Durch:
  1. Sichtung der relevanten Begriffe, ihrer Bedeutungen und Definitionen,

  2. Systematisierung der Begriffe und Definitionen durch:

  • inhaltliche und formale Ordnung der Definitionen,

  • Identifikation von Mehrdeutigkeiten und Verwandlung in Eindeutigkeiten und

  • Auswahl und Präzisierung der forschungsleitenden Begriffe und Definitionen als theoretische Konstrukte.

  1. Zuordnung von Begriffen und Konstrukten zu den interessierenden Sachverhalten,

  2. Verknüpfung der Begriffe und Konstrukte mit beobachtbaren Sachverhalten.

C) Die Operationalisierung
Operationalisierung meint die:
  1. Formulierung von Korrespondenzregeln für Indikatoren, die den begrifflich bezeichneten, nicht unmittelbar beobachtbaren Sachverhalt indirekt beobachtbar bzw. ”meßbar” machen sollen.
  2. Angabe von Beobachtungsoperationen bzw. ”Meßoperationen”, mit denen das empirische Vorliegen der Sachverhalte, die als Indikatoren dienen, festgestellt werden soll.
  3. Angabe des Differenzierungsgrades für die Beobachtungen sowie der Protokollierungsvorschriften.
  4. Formulierung von Vorschriften über die Zusammenfassung von Einzelwerten mehrerer Indikatoren zu einem Gesamtwert (Indexkonstruktion).

D) Gütekriterien der Operationalisierung und Messung

1. Validität (Gültigkeit)

Das wichtige inhaltliche Gütekriterium gibt an, wie gut der Untersuchungsansatz in der Lage ist, genau das zu erfassen und zu messen, was er vorgibt. Validität beinhaltet folgende Aspekte:

  • Die inhaltliche Validität (content validity): Bei komplexen theoretischen Konstrukten sollte eine Vielzahl von empirischen Repräsentationen (Indikatoren) herangezogen werden, um möglichst alle semantischen Dimensionen eines Sachverhalts abzudecken. Die gewählten Indikatoren sollten dabei möglichst frei sein von anderen Einflüssen: Ein Intelligenztest sollte Intelligenz messen und nicht Testangst.

  • Die Konstruktvalidität: Die für eine Untersuchung entwickelten Konstrukte sollten untereinander in theoretisch erwartbaren Zusammenhängen stehen und

  • Die Kriteriumsvalidität: Die entwickelten Konstrukte sollten neben den theoretisch zu erwartenden Zusammenhängen auch empirisch miteinander korreliert sein, d.h. Zusammenhänge mit anderen Merkmalen aufweisen. Eine Bestätigung des angenommenen Zusammenhanges spricht für (nicht: beweist!) Validität.

2. Reliabilität (Zuverlässigkeit)

Dieses ebenfalls sehr wichtige formale Gütekriterium kennzeichnet den Grad der Genauigkeit, mit dem das geprüfte Merkmal unabhängig von den Einsatzbedingungen gemessen wird. Dies beinhaltet folgende Aspekte:

  • Die Retest - Reliabilität: Sie bezeichnet die Stabilität eines Ergebnisses bei wiederholten Messungen an (unveränderten) Objekten, d.h. die Reproduzierbarkeit eines Messwertes unter den anderen (zeitlichen) Versuchsbedingungen.

  • Die Paralleltest - Reliabilität: Sie meint die Unabhängigkeit eine Resultates von der konkreten Ausgestaltung des Messvorgangs, d.h. z.B. vom Einsatz unterschiedlicher aber vergleichbarer Instrumente (etwa der Verwendung einer Fragebatterie in einer schriftlichen, mündlichen, telefonischen oder Internet- Befragung).

  • Die Split - half - Reliabilität : Sie erlaubt nur eine geringe Beeinträchtigung der Messergebnisse im Vergleich der Ergebnisse bei Verwendung einer Teilauswahl gültiger Indikatoren

  • Messinstrumente sollen bei wiederholter Messung immer den gleichen „Messwert“ liefern (z.B. Item-Analyse: Prüfung der internen Konsistenz).

3. Objektivität (Intersubjektivität)

Dieses personale Gütekriterium gibt an, in welchem Ausmaß die Ergebnisse vom Anwender des Erhebungsinstruments unabhängig sind. Es beinhaltet:

  • Die Durchführungsobjektivität: Eine Erhebung ist objektiv, wenn verschiedene Anwender des Instruments bei denselben Personen zu den gleichen Resultaten gelangen, d.h. ein objektiver Test führt nicht zu einem Antwortverhalten, das vom Testanwender abhängt (Versuchsleitereffekte) und

  • Die Auswertungsobjektivität: Eine Befragung wäre nicht objektiv, wenn bei der Interpretation der Antworten oder des beobachteten Verhaltens z.B. besonderes Expertenwissen oder individuelle Deutungen des Anwenders einfließen zu intersubjektiv nicht reproduzierbaren Ergebnissen führt.

 

letzte Änderung am 5.4.2019 um 4:24 Uhr.

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