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Konzepte und Definitionen im Modul Aufgaben und Verfahrensweisen
- A)
Ziele und Kriterien der empirischen Forschung
Die folgende Definition von
empirischer Sozialforschung steht bei einem tieferen
Verständnis
des Gesellschaftlichen generell für die Zielsetzungen der
empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung der letzten 50 Jahre:
„Dem strikten
Wortsinn nach wären
unter empirischer Sozialforschung alle wissenschaftlichen
Bemühungen
zur Erkenntnis von Gesellschaftlichem zu verstehen, die, im Gegensatz
zur Spekulation, als ihren Rechtsgrund die Erfahrung
gegebener Tatsachen betrachten.
Es hat sich jedoch in der
wissenschaftlichen
Praxis ein enger Begriff von empirischer Sozialforschung
herausgebildet, der im Zeichen einer an den
Naturwissenschaften
orientierten Forderung von Exaktheit und Objektivität
steht.
Kriterien wie das der Verifizierbarkeit
oder
Falsifizierbarkeit von Aussagen, der Quantifizierbarkeit,
der Wiederholbarkeit - also weitgehende Unabhängigkeit
von den subjektiven Momenten der Forschung spielen dabei eine
wesentliche Rolle.
In Folgendem soll vorwiegend
von diesem engeren
Begriff von empirischer Sozialforschung die Rede sein, wie ihn die
organisierte Wissenschaft heute in weitem Maße vertritt. Doch
werden, wo es notwendig dünkt, Verfahrensweisen, insbesondere
solche qualitativer Art, hereingezogen, die in diesem engeren Begriff
nicht aufgehen“ (aus: Handwörterbuch der
Sozialwissenschaften, Göttingen 1956).
Die Kernaussagen dieses werden
in der folgenden
Graphik visualisiert:
Abbildung 1-1: Ziele
und Kriterien
empirischer Forschung
-
- Damit setzt
sich die wissenschaftliche Erfahrung und Wissensbildung deutlich vom
subjektiven und oft spekulativen Denken und den damit verbundenen
Alltagserfahrungen ab:
- Nach
Dechmann & Ryffel wären Alltagserfahrungen und
individualisiertes Denken:
- Denken in
bewertenden Kategorien und absoluten Begriffen wie
„falsch“ und „richtig“,
„gut“ und „schlecht“,
- Verteilen von
Etiketten an uns und andere, was verhindert, dass wir Prozessen auf die
Spur kommen, in denen bestimmte Verhaltensweisen entstehen,
- einseitiges
Ausgehen von der eigenen Perspektive, ohne Bezug auf die Sicht des
anderen zu nehmen und ohne dessen Interpretation zu
berücksichtigen,
- übermäßige
Konzentration auf eigene Eindrücke und Gefühle, und
zuwenig Betrachtung von Strukturen und Rahmenbedingungen, die eine
Situation mit beeinflussen und
- ein Missbrauch
von Gefühlen zur Pauschalisierung und oberflächlichen
Einstufung von uns und anderen.
Dechmann,
Birgitt / Ryffel, Christiane: Soziologie im Alltag, Weinheim 1997, 10.
Auflage, S. 22
Der Begriff der empirischen Sozialforschung thematisiert drei Aspekte:
- den der
Erfahrung (Empirie, gr. Erfahrung),
- den des
Sozialen (in einem umfassenden Sinn) und
- den der
wissenschaftlichen Forschung
Abbildung
1-2: Dimensionen der empirischen (Sozial-) Forschung
- http://www.uni-tuebingen.de/uni/sss/struebing/
- B) Grundsätze
empirischer (Sozial-) Forschung
- Aus den Zielen und
Kriterien resultieren folgende Verfahrensprinzipien:
1. Grundsatz der
theoretisch reflektierten und systematischen Beobachtung der sozialen
Wirklichkeit
2. Grundsatz der Verwendung
angemessener und begründeter Begrifflichkeiten und
Kommunikationsformen und
3. Grundsatz der Verwendung
angemessener und methodologisch kontrollierter Forschungsmethoden und
-techniken
1. Grundsatz der theoretisch
reflektierten und systematischen Beobachtung der sozialen Wirklichkeit
- Die Beobachtungen
der sozialen Wirklichkeit sollten theoriegeleitet sein und die
verschiedenen Stufen des Beobachtungsprozesses reflektieren.
- Die
Beobachtungen der sozialen Realität sollten alle impliziten
Annahmen über das Beobachtete und die gedachten
Zusammenhänge im Beobachtungsfeld offenlegen.
- Welcher
Ausschnitt aus der sozialen Realität beobachtet wird, sollte
begründet und beständig kontrolliert werden.
- Der
Beobachtende sollte sich immer darüber klar werden, welche
einzelnen Schritte des Beobachtungsprozesses er durchläuft und
in welchem Zusammenhang diese Schritte mit der Forschungsfrage und den
Annahmen über die soziale Realität stehen.
2. Grundsatz der Verwendung angemessener und
begründeter
Begrifflichkeiten und Kommunikationsformen
- Die Beschreibung der sozialen Wirklichkeit sollte
zuallererst mit im sozialen Kontext bekannten und eindeutigen Begriffen
erfolgen.
- Werden
für die Beschreibung der sozialen Realität eigens
konstruierte oder in ihrer Bedeutung nicht bekannte Begrifflichkeiten
(theoretische Konstrukte) verwendet, so sollten diese so
erläutert und definiert werden, dass jedem Beobachtenden ihre
Bedeutung im Rahmen des theoretischen und methodischen Ansatzes der
Beobachtung klar ist.
- Die
Überleitung der theoretischen Begriffe in messbare
Sachverhalte (Operationale Definition) und deren instrumentelle
Umsetzung sollten so eindeutig und klar vorgenommen werden, dass der
Bezug zur Fragestellung und zur methodischen Umsetzung hinreichend
deutlich und damit diskutierbar wird (vgl. Abb. 1-3).
- Abbildung
1-3: Begriffliche Aspekte der empirischen Forschung
-
Jeder
Begriff, jede
operationale Definition sollte einen deutlichen Bezug zu dem
theoretischen System von kausalen Zusammenhängen aufweisen,
innerhalb dessen Geltung beansprucht wird (vgl. Abb. 1-4).
Abbildung 1-4:
Kausalanalytische Aspekte der
empirischen Forschung
in Anlehnung an: http://www.lrz-muenchen.de/~uf341eb/ls_braun/saam.html
3. Grundsatz der Verwendung angemessener und methodologisch
kontrollierter Forschungsmethoden und -techniken
- Die Methoden der
Beobachtung sind so auszuwählen und zu begründen,
dass der gewählte Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit damit
erhebbar und bearbeitbar wird.
- Die
Angemessenheit des methodischen Instrumentariums ist beständig
zu überprüfen und es ist zu kontrollieren, ob es denn
im Sinne der operationalen Definition die gewählten
Ausschnitte der sozialen Realität entsprechend erfassen und
erheben kann.
- Veränderungen
der sozialen Realität, die sich auf Grund des methodischen
Instrumentariums ergeben sollten, sollten reflektiert, erhoben und in
den Interpretationen berücksichtigt werden.
- Die
Gültigkeit und Zuverlässigkeit der Aussagen
über die soziale Realität wird erhöht, wenn
Fehler, die sich im Rahmen der Beobachtung ergeben bzw. die dem Einsatz
der Instrumentarien zugerechnet werden können, entsprechend
erhoben und kalkulierbar gemacht werden.
- C. Methodenvielfalt und Anwendungsfelder
der empirischen Forschung
-
Bei der Vermittlung der empirischen
Forschungsmethoden (vgl. Abb. 1-5) sind deshalb sowohl die allgemeinen
methodologischen Grundprinzipien (in den folgenden Modulen dieses
Kapitels) wie die konkreten Methoden der Erhebung und Analyse der Daten
(vgl. Abb. 1-6) in Kapitel II und den anschließenden Teilen
der Plattform zu thematisieren.
-
Abbildung 1-5: Thematische Schwerpunkte
der empirischen Methodenlehre
In Anlehnung an: http://www.uni-tuebingen.de/uni/sss/struebing
Abbildung
1-6:
Spektrum der Erhebungs- und Analysemethoden
http://www.uni-tuebingen.de/uni/sss/struebing
Ein
letztes Schaubild in
dieser Einleitung soll die Breite der Anwendung der Erhebungs- und
Analysemethoden aufzeigen:
Abbildung
1-7:
Anwendungsfelder der empirischen Sozialforschung
http://www.uni-tuebingen.de/uni/sss/struebing
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